Merum: Faule Olive für den K-Tipp

Ob abgeschrieben oder nicht, ich fühle ich mich zugegeben geehrt. Am 20. und 24. April berichtete ich hier über den sinnentleerten K-Tipp Olivenöltest. Andreas März von Merum findet diesen Olivenöltest der Konsumenteninfo AG (so heisst das Unternehmen, das hinter dem K-Tipp steht) ebenso eine Farce und verleiht den Redakteuren von K-Tipp in der Merum-Ausgabe Nr. 03/2016 Juni / Juli 2016 die faule Olive für den unqualifiziertesten öffentlichen Beitrag zum Thema Olivenöl. Danke für die mediale Unterstützung, Andreas.

 

Gerne drucke ich den Märzschen Artikel hier ab.

 

"Mit ihrem Artikel „Extra Vergine – keine Garantie für Spitzenklasse“ in der Ausgabe Nr. 8 sichert sich die K-Tipp-Redaktion aus der Schweiz konkurrenzlos die Faule Olive.

 

Bei dieser Preisverleihung gab die raffinierte Kombination aus Olivenöl-Bashing und fachliche Ahnungslosigkeit den Ausschlag, mit denen die K-Tipp-Redaktion das Reizthema Olivenöl anpackt. Die Öffentlichkeit lässt sich immer wieder gerne mit Berichten

über die ausländische Skandalnudel Olivenöl unterhalten. Das exotische Lebensmittel erfreut sich auch in der Schweiz steigender Beliebtheit und bleibt Lieblingsthema der Redaktionen. Da nicht einheimisch, schlagen Kritik und Rufschädigung jeweils in sicherer Entfernung ein. So zeichnet sich denn auch der K-Tipp-Test durch die übliche Pauschal-Verunglimpfung des Olivenöls – „Extra Vergine, keine Garantie für Spitzenklasse“ – und die Vermeidung übermäßiger Reizung einheimischer Lebensmittelhändler und Ölmultis aus.

Die Bravour von Redaktionen wie der des K-Tipps besteht in erster Linie darin, jede Art von Differenzierung zu vermeiden. So spricht man allgemein von Olivenöl und Extra Vergine, testet jedoch ausschließlich Öle von Abfüllern, zwangsläufig hergestellt – der tiefe Verkaufspreis zwingt dazu – aus faulen Oliven in rückständigen Ölmühlen Spaniens, Griechenlands, Nordafrikas oder Süditaliens. Über Qualitätsöle aus frischen, in modernen Ölmühlen verarbeiteten Oliven schweigt man sich aus. Streng fragt die K-Tipp-Redaktion (so naiv kann man gar nicht sein): „Haben die Hersteller qualitativ gute Oliven verwendet und diese auch sorgfältig verarbeitet?“ Anders als ironisch kann auch die Antwort nicht gemeint sein: „Bei einigen Ölen ist die Verarbeitung der Oliven mangelhaft. Das Labor fand auch Hinweise, dass verdorbene Früchte verwendet wurden.“ Das klingt ja schrecklich, welche Entdeckung! Aber nein, die tun nur so, natürlich wussten die Redakteure schon vorher, dass die Verarbeitung bei ALLEN getesteten Billigölen mangelhaft war, und dass dafür verdorbene Früchte verwendet wurden. Die Kollegen sind ja in Wirklichkeit auch nicht blöd und wissen, wie die tiefen Verkaufspreise zustandekommen.

Und trotzdem – dies eine bravourös absolvierte Kür – wird dann in separatem Kasten mit Kauftipps von völlig anderen Ölen gesprochen: „Ein qualitativ hochwertiges Olivenöl wird hauptsächlich aus grünen, noch nicht ganz reifen Früchten gewonnen. Die Oliven müssen unbeschädigt und frisch sein, wenn sie in der Ölmühle ankommen.“ Weiter: „Gutes Öl riecht wie frisches Gras, nach Gartenkräutern, grünen Bananen, Blattgemüse, Artischocken oder Tomatenblättern.“ Klingt gut! Die Aufzählung dieser positiven Eigenschaften insinuiert, dass es zwischen frischen Gartenkräutern und den getesteten Ölen einen Zusammenhang gibt. Elegant wird der Hinweis vermieden, dass kein einziges der getesteten Öle diesen Beschreibungen entspricht.

Nach dem Vorbild der Stiftung Warentest bringen auch die Schweizer ihre Öle ins Labor, um Weichmacher, Kohlenwasserstoffe, Pestizide und andere Widerwärtigkeiten ans Licht zu fördern. Um den helvetischem Zweitaufguss zu rechtfertigen, werden Aktualität und Besorgnis markiert: „Um den Ruf des Olivenöls ist es schlecht bestellt: Ermittlungen wegen Betrügereien in Italien und hohe Schadstoffmengen bei Tests in Deutschland sorgten in den vergangenen Monaten in ganz Europa für Negativschlagzeilen.“ Alles klar, ihr Investigativjournalisten, dann nichts wie her mit der kruden Wahrheit zum Olivenöl! Doch Klartext vermeidet K-Tipp ebenso wie Vorbild Warentest. Großmaulig wird getitelt: „Olivenöle: Alle Produkte

enthalten problematische Substanzen“. Doch die CH-Konsumentenschützer halten es mit ihren deutschen Kollegen und tun so, als ob es kein geltendes Recht gäbe. Die Redakteure wissen mit den Resultaten aus dem Labor nicht viel anzufangen. Irgendwo im Text schreiben sie kleinlaut: „Von den einzelnen Rückständen geht keine unmittelbare gesundheitliche Gefährdung aus“, und „die meisten gemessenen Werte lagen im tiefen Bereich“. Offenbar werden bei diesen bedenklichen Substanzen keine Grenzwerte überschritten. Doch die Tatsache, dass die chemischen Untersuchungen nichts Relevantes zu Tage fördern, wird vertuscht. Schließlich geht es darum, Olivenöl als Schmierfink unter den Fetten zu brandmarken. Manche Stoffe wie Weichmacher und Kohlenwasserstoffe sind ubiquitär, das heißt, sie kommen überall vor, das heißt wiederum, man findet sie bei chemischen Analysen in vielen Lebensmitteln und alltäglichen Kosmetikprodukten. Das ist schlimm, aber selten ein spezifisches Problem einer bestimmten Lebensmittelgruppe. Wollte einer zum Beispiel Bier schlechtmachen, müsste er lediglich ein paar Proben auf Umweltgifte, zum Beispiel chlorierte Kohlenwasserstoffe, untersuchen lassen. Dabei ist völlig einerlei, wie niedrig die gefundenen Konzentrationen sind. Den Zweck erfüllt schon die gemeinsame Nennung von Bier und bedenklichen chemischen Verbindungen.

K-Tipp lässt auch die Alkylester messen – ein Indikator für verfaulte Oliven und neuer gesetzlicher Grenzwert. Erstaunlicherweise lässt man sich selbst dort, wo dieser Parameter deutlich überschritten wird, nicht zu viel mehr als einem „Ups!“ hinreißen. Dabei wäre hier schon aus Gründen journalistischer Selbstachtung ein Quäntchen berechtigte Empörung fällig, die sich zum Beispiel in „Etikettenschwindel!“, „illegal“, oder „raus aus dem Extra-Vergine-Regal“ äußern könnte.

Doch um sich gegen einen Multi so stark aus dem Fenster zu lehnen, fehlt dann doch der Mut. Statt klar zum Ausdruck zu bringen, dass das Bertolli-Etikett illegal ist, lässt man selbst die schlimmsten Muster auf der Kraut-und-Rüben Rangliste mit einem kleinen Abzug davonkommen. Orakelhaft ist die Begründung von K-Tipp, weshalb die Öle nicht auf ihre sensorische Qualität hin untersucht worden sind: „Kein Bestandteil des Tests war die Frage, ob die Öle die geschmacklichen Anforderungen an ‚Extra Vergine’ erfüllen. Der K-Tipp unterscheidet klar zwischen Tests und Degustationen.“ Bestimmt wird mir jemand die dialektischen Feinheiten dieser Aussage erklären können. Eigentlich dachte ich immer, Geruch und Geschmack seien das Entscheidende. Wozu muss ich wissen, dass ein stinkendes Öl Weichmacher enthält? Sagt mir lieber, welche Öle gut sind, dann erst interessiert mich, ob sie meiner Gesundheit zuträglich sind.

 

Ganz allgemein: Findet Tests, in denen ausschließlich Ramschöle untersucht und prämiert werden, überhaupt noch jemand interessant?"

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Kommentare: 6
  • #1

    Andreas März (Mittwoch, 08 Juni 2016 16:42)

    "Ob abgeschrieben oder nicht...", Silvan, du bist echt ein seltsamer Vogel.
    Hätte ich deine netten Worte zur Arbeit der Kollegen des K-Tipps bemerkt, würde ich mir wohl einen anderen Begünstigten für unseren Journalistenpreis ausgesucht haben. Alle gegen einen finde ich nicht lustig. Und Kandidaten für die Faule Olive Kandidaten gibts ja reichlich.
    Übrigens: Ein Journalist, der abschreibt und nicht zitiert (mit Quellennennung), ist ein Schurke. Hältst du mich für einen Schurken?

  • #2

    Master of Olive Oil (Mittwoch, 08 Juni 2016 21:03)

    Lieber Andreas, seltsame Vögel tun der Sache manchmal gut. Ich ziehe übrigens keine Schlussfolgerung, sondern lasse es offen. Ich bin aber froh darüber, dass Merum den ewigen Skandalmagazinen wie K-Tipp mit aller Deutlichkeit zeigt, dass diese das Problem Extra Vergine nicht lösen, sondern gar Teil des Problems sind. Gleiches gilt übrigens für den Kassensturz von SRF. War ich denn deiner Ansicht nach zu nett mit dem K-Tipp? In diesem Fall war mein Beitrag lediglich das Amuse-Gueule, den Hauptgang hast du ja dann geliefert. Richtig gewürzt. Wie immer. Ich habe keine Einwände. Alles palletti.
    Übrigens: Schurken würde ich übrigens nie gut gemeinte Ratschläge zukommen lassen.... das tue ich nur für besonders seltsame Vögel :-)

  • #3

    Master of Olive Oil (Donnerstag, 09 Juni 2016 07:34)

    ....ich hatte die schwache Erinnerung, dass da noch was war, lieber Andreas. Kurz im E-Mail-Postfach unter den gesendeten Elementen nachgeschaut, finde ich die an dich adressierte Nachricht vom 24.04.16, 18:37 h, die dich über meinen Blog zur K-Tipp-Kritik unterrichtet. Ein Schelm, wer böses denkt :)

  • #4

    Justin Graber (Donnerstag, 09 Juni 2016 08:05)

    Konfuzius sagt: Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: durch Nachdenken ist der edelste, durch Nachahmen der einfachste, durch Erfahrung der bitterste. Mir scheint, der Gladiator aus der Toskana hat den einfachsten Weg gewählt.

  • #5

    Mark Bachmann (Donnerstag, 09 Juni 2016 09:23)

    ...und dann begannen die Schweizer Olivenöl-Besserwisser, sich zu streiten.

  • #6

    Master of Olive Oil (Donnerstag, 09 Juni 2016 21:39)

    Lieber Herr Mark Bachmann, danke für den wertvollen Kommentar. Sie sehen, wir zensieren auch uns gegenüber deutlich kritische Beiträge und Kommentare nicht. Das gehört zu einem anständigen Blog, in welchem wir die Wahrheit ans Licht fördern. Ich darf Ihnen aber auch sagen, dass ich mich bei Ihrem Kommentar höchstens durch das Wort "Schweizer" angesprochen fühle..... herzlich, Silvan Brun

THE MASTER SAYS:

«Echtes natives Olivenöl extra macht aus Gutem das Beste. Es bringt die Food Revolution in die Restaurants und in die Küchen zu Hause. Wer einmal echtes EXTRA VERGINE gekostet hat, weiss es fortan zu schätzen. Viel mehr noch: ....er differenziert damit das Gute vom Schlechten. Das ist gut so.»

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