Der Schweizer Olivenöl Panel Filz

Über diese Nachricht sollte man sich grundsätzlich freuen. Ja, die Menschen, welche in grösseren Coop-Läden einkaufen, haben neuerdings die Möglichkeit, ein Spitzenolivenöl für gerade einmal CHF 21.95 zu kaufen. Über diese Tatsache orientiert die wöchentlich erscheinende Coopzeitung in der Ausgabe vom 9. September 2014 - in der neu geschaffenen Rubrik "Essen & Trinken".

Beim frisch ins Coop-Sortiment aufgenommenen Olivenöl handelt es sich um "PICUAL PREMIUM" des Spitzenerzeugers Melgarejo aus Andalusien, Spanien.

Mit dieser Sortimentserweiterung spreizt Coop aber auch ganz schön die Qualitätsschere, steht nun Melgarejo womöglich im selben Regal gleich zwischen Carapelli und Filippo Berio - alle drei Olivenöle mit der Klassifizierung "EXTRA VERGINE" oder im Fall von Melgarejo "VIRGEN EXTRA". Versucht sich der ansonsten Carapelli-treue Konsument am Picual Premium von Melgarejo, kann ihn das durchaus erschrecken. Was bei Carapelli sonst mild und ranzig schmeckt, ist bei Melgarejo intesivfruchtig, grasig, pfeffrig und bitter.

Es mag erstaunen, warum Coop nun ausgerechnet ein Spitzenöl ins Sortiment holt, da der Grossverteiler sonst in resistenter Art und Weise nur qualitativ ungenügende Olivenöle in den Regalen stehen hat und auf Kritik an Carapelli-Ölen einen mit der Hinhaltetaktik vom Leibe hält. Des Rätsels Lösung versteckt sich in Wädenswil am Zürichsee. Genauer beim Schweizer Olivenölpanel, einer Institution der ZHAW.

Melgarejo ist ein vielfacher Preisträger des Zurich International Olive Oil Awards, eines vom Schweizerischen Olivenölpanel ins Leben gerufenen Contests, welcher in diesem Frühjahr bereits zum 13. Mal ausgetragen wurde. Die rund 25 Sensorik-Experten des SOP (Schweizer Olivenölpanel) sind für die Jurierung der Öle verantwortlich. Pikant: Melgarejo, das ewige Siegeröl, wird von Mitgliedern des SOP selber importiert und in der Schweiz vertrieben. Es erstaunt nicht, dass das Öl aufgrund dieser Umstände - ob bewusst oder unbewusst - jeweils sehr gut abschneidet. [Ich glaube nicht, dass ich die von mir vertriebenen Öle rein objektiv bewerten könnte] Ich berichtete am 25. April 2014 darüber. Wie in der Coopzeitung vom 9. September 2014 im grossen aber wenig detailreichen Bericht über Olivenöl mit dem Titel "Die Besten" zu lesen ist, sitzt auch Henri Grassi*, Coop-Einkäufer für Olivenöl, im Schweizer Olivenölpanel. Er ist einer der 25 Sensorik-Experten. Es ist daher wenig verwunderlich, dass nun ausgerechnet das beim SOP so beliebte Melgarejo den Weg in die Coop-Regale gefunden hat. Abgekartetes Spiel? Filz im Olivenölpanel? Womöglich.

Eine Frage drängt sich wohl oder übel auf: Würde Henri Grassi, Coop-Einkäufer für Olivenöl und Panelexperte beim SOP, Carapellis Öle als "fehlerfrei" und damit als "EXTRA VERGINE" bewerten? Würden wir diese Frage mit "ja" beantworten, wüssten wir, dass das Schweizer Olivenölpanel in Olivenölfragen in etwa so unnütz ist wie die Olivenfliege für den Olivenbauer.

Ich bin mir aber sicher, dass Herr Grassi Carapelli und Melgarejo gut auseinander halten könnte und sie komplett differenziert klassifizieren würde - müsste er es denn auch wirklich tun. Wie die Coopzeitung schreibt, können die Experten nämlich Aromen wie etwa frisch geschnittenes Gras, Mandeln, Beeren, Artischocke oder Vanille erkennen - alles samt positive Attribute eines guten Olivenöls. Leider hat Coops Carapelli - das könnte Herr Grassi vielleicht bezeugen - davon kein einziges.......... Aber Carapelli ist bei Coop halt ein Absatzrenner und Cash Cows werden nun mal nicht abgeschoben....... Na dann, Mahlzeit!

*Name von der Redaktion geändert