Im Sommer / Herbst 2017 organisierte das Kantonale Labor Zürich eine überregionale Olivenölprüfkampagne. Die Kantone Genf, Thurgau und Luzern schlossen sich der Kampagne an und reichten entsprechend die von ihnen erhobenen Proben ein. 49 Olivenöle wurden geprüft. Sieben davon wurden beanstandet. Darunter eines von evoo ag. Das Resultat aus Zürich war klar: LAMPANTÖL.
Das Kompetenzzentrum für Olivenöl evoo ag wurde am 29.12.2017 - über vier Monate nach der Probenahme durch einen Lebensmittelinspektor des Kantons Luzern vom 23.08.2017 - schriftlich über das schlechte Abschneiden seiner Olivenölprobe orientiert. Die Luzerner Behörden informierten evoo ag bei Rückfrage mündlich, dass die erhobene Probe zwar die sensorische Prüfung vom 23.11.2017 nicht allerdings die chemische Analytik vom 12.09.2017 bestand. Das offenbare Vorhandensein von intermediären Oxidationsprodukten (nachweisbar über K232 - 2.84) führte zur Abqualifikation von Extra Vergine zu Lampantöl. evoo wurde mit einem Schlag zum Etikettenschwindler. Ausgerechnet evoo, die sich für einen strikteren Vollzug des Gesetzes stark macht und deswegen schon oft mit dem Finger auf fehlbare Marktteilnehmer gezeigt hat? Ja, ausgerechnet evoo!
Gestützt wurde der K232-Befund der Labore Zürich, Thurgau und Genf durch einen hohen Sauerstoffperoxidwert von 18.8 meq O2/kg. Erlaubt wären bei Extra Vergine maximal 20. Dieses Resultat warf bei evoo ag sofort Plausibilitätsfragen auf. Das Prüfergebnis wurde in Frage gestellt, denn die Ausgangswerte des geprüften Öls waren erstens tadellos (K232 - 1.54; Peroxid - 5.3 meq O2/kg; Polyphenole 560 mg/kg) und zweitens war das Öl zu keiner Zeit dem Sauerstoff ausgesetzt, weshalb ein derart drastischer Anstieg des Sauerstoffperoxidwertes theoretisch-wissenschaftlich unmöglich war. Zudem hätte die sensorische Prüfung vom 23.11.2017 zu einem ganz anderen Ergebnis führen müssen, hätte das Öl tatsächlich derart hohe Werte bei K232 und PV aufgewiesen. Die Lebensmittelingenieurin und Olivenölexpertin Sophia Amariotaki Streich zückte sofort eine seriöse Studie der australischen Regierung über die qualitative Veränderung von Olivenöl unter den verschiedensten Lagerbedingungen. Die sehr fundierte Studie nährte evoos Verdacht, dass bei der vom Kantonalen Labor Zürich organisierten Olivenölprüfkampagne etwas nicht mit rechten Dingen zu- und herging. Zudem lag evoo ag ein offizieller Prüfbericht, auf welchem alle geprüften Parameter ausgewiesen wäre, nicht vor (und tut es bis heute nicht). Auf die Mitteilung, wie evoos Öl bei den anderen geprüften Parametern abgeschlossen hat, wartet das Olivenölhandelsunternehmen bis heute. Die Luzerner Behörde liess nur gerade verlauten, dass die UV-Absorptionswerte bei K270 sowie der Säuregehalt im Vergleich zu den anderen untersuchten Ölen unauffällig waren.
Auszüge aus der australischen Olivenölstudie. K232- und Peroxidwerte können nur aufgrund von Sauerstoffkontakt drastisch ansteigen.
Schon am 04.01.2018 schrieb evoo dem Vertreter der Luzerner Behörden, legte dem Schreiben Wareneingangsbestätigungen, die Rapporte der chemischen und sensorischen Analyse sowie Studienmaterial bei. Antworten auf die elf von evoo ag im Zusammenhang mit dem Prüfverfahren gestellten Fragen (Untersuchungsdatum; Probenverblindung; allfällige Kontaminierung mit Luft während dem Probenhandling bei den Behörden, etc.) erhielt evoo ag zunächst nicht oder nur spärlich via Telefon.
Anstatt der von
Zürich geprüften
18.8 meq O2/kg
Sauerstoffperoxid
ermittelte Eurofins
Hamburg einen
Peroxidwert von
6.8 meq O2/kg.
Das Kantonale
Labor Zürich war
also in keiner Art
und Weise bereit,
allfällige Fehler
einzugestehen.
Sich der Sache sicher, dass ihre Probe gut war und das Testresultat aus Zürich ein grosser Irrtum sein müsse, sandte evoo ag am 08.01.2018 zwei Rückstellmuster des Originallots (dasselbe Lot, welches zur Prüfung angestellt und beanstandet wurde, wovon ein Muster zwecks Sauerstoffkontamination vor dem Versand geöffnet und zur Hälfte in eine andere Flasche umgefüllt wurde; die andere (Original-)Flasche blieb versiegelt und ungeöffnet) an das renommierte Eurofins Labor nach Hamburg und liess ebenso die Parameter Sauerstoffperoxid und K232 ermitteln. Das Resultat der am 11.01.2018 bis und mit 15.01.2018 erfolgten Prüfung der beiden Proben war eindeutig. Anstatt der von Zürich geprüften 18.8 meq O2/kg Sauerstoffperoxid ermittelte Eurofins bei der geschlossenen, versiegelten Originalprobe einen Peroxidwert von 6.8 meq O2/kg. Bei der mit Atmosphärenluft kontaminierten Probe ermittelte Eurofins bereits 7.5 meq O2/kg. Ein Indiz, dass die Manipulation mit Luft bereits zu einem kleinen Anstieg des Peroxidwertes geführt haben könnte. K232 lag bei der Originalprobe bei 2.17 und bei der manipulierten Probe bei 2.11. Die Rückstellmuster waren, wie auch die Luzerner Behörden anhand der Eurofins-Prüfberichte feststellten und schriftlich bestätigten, Extra Vergine. Trotzdem blieb das ursprüngliche Testresultat aus Zürich für evoo unumstösslich. Das Kantonale Labor Zürich ist ISO 17025 und vom Bund als Prüflabor akkreditiert, weshalb seine Urteile als sakrosankt gelten und von den Behördenkollegen aus Luzern schon aus Prinzip nicht in Frage gestellt werden können.
Für evoo blieb es dabei, vier nicht wirklich tröstende aber dafür umso plausiblere Vermutungen anstellen zu können:
Ob eine dieser vier plausiblen Vermutungen zutrifft, kann bis heute nicht bestätigt werden. Die Luzerner Behörden haben versucht, zu schlichten und mit Zürich eine Einigung zu erzielen, Zürich allerdings rückte nicht von seiner Position ab. Das Kantonale Labor Zürich war also in keiner Art und Weise bereit, allfällige Fehler einzugestehen. Die Prüfungen seien rechtmässig abgelaufen, es habe keinerlei Fehler gegeben und auch menschliches Versagen würde demnach ausgeschlossen. Die Gegenresultate Eurofins' und auch das sensorische Prüfresultat des Schweizer Olivenöl Panels, an welches die Luzerner Behörden im Rahmen der überregionalen Olivenölprüfkampagne eine ungeöffnete Originalprobe desselben Lots versendet haben, zeigen aber in aller Deutlichkeit, dass das entsprechende Olivenöl evoos zu jeder Zeit Extra Vergine war und letztendlich zu unrecht als Lampantöl taxiert wurde.
Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, dass der Vollzug des Schweizer Olivenölgesetzes noch nicht viel taugt und die Behörden entsprechend noch viel zu lernen haben. Etwa, dass die Behörden verplombte Rückstellmuster bilden müssen, wovon sowohl die prüfenden Behörden als auch das geprüfte Unternehmen je eines erhalten und die im Zweifelsfall zu einer Zweitprüfung herangezogen werden könnten. Im Fall von evoo hätte das die Sache nämlich einwandfrei geklärt.
So kommt Dr. Martin Brunners Einsicht im Jahresbericht 2017 des Kantonalen Labor Zürichs für evoo leider zu spät. Im Editorial schreibt er etwa:
«Angekommen in den neuen Verordnungen sind wir
aber noch lange nicht. Vieles an Auslegung und Interpretation
muss sich anhand von praktischen Beispielen
noch klären, muss abgesprochen und vereinheitlicht
werden. Auch Fachwissen muss noch erarbeitet
werden, zum Beispiel bei der Einschätzung der
Bedeutung von Richtwertüberschreitungen und der
Festlegung der daraus abzuleitenden Massnahmen.»
Master of Olive Oil, 12.06.2018
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 02.08.2018.
* Auf schriftlichen Wunsch der Abteilung Recht der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich vom 13. Juli 2018 wurde der Name des Protagonisten geschwärzt, resp. unkenntlich gemacht (Master of Olive Oil, 02.08.2018)